Die Geschichte der Pershing-Raketen in der Bundesrepublik Deutschland 1960–1991

Ein militärisches Symbol des Kalten Krieges, ein Politikum von globaler Tragweite und ein Stück Technikgeschichte mitten in Deutschland

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Bildquelle: US Army
Buchcover: Raketen für den Frieden? - Die Geschichte der Pershing-Raketen

Raketen für den Frieden?

Die Geschichte der Pershing-Raketen in der Bundesrepublik Deutschland 1960–1991

Ein militärisches Symbol des Kalten Krieges, ein Politikum von globaler Tragweite und ein Stück Technikgeschichte mitten in Deutschland: Die Geschichte der Pershing-Raketen ist untrennbar mit der Weltpolitik und den Ängsten einer ganzen Generation verbunden.

Dieses Buch nimmt die Leser mit auf eine fesselnde Zeitreise – von den Anfängen in der »Operation Paperclip«, als deutsche Raketenwissenschaftler nach 1945 in die USA geholt wurden, über die technische Entwicklung der Pershing-Systeme bis zur umstrittenen Stationierung auf deutschem Boden.

Mit der Nachrüstung der 1980er-Jahre rückten die Pershing-Raketen ins Zentrum internationaler Krisen, Protestbewegungen und geopolitischer Machtspiele. Der dramatische Bogen reicht bis zum INF-Vertrag, der ihre Vernichtung besiegelte und ein historisches Signal für Abrüstung und Entspannung setzte.

Fundiert, spannend und anschaulich erzählt, beleuchtet dieses Buch nicht nur die Technik hinter den Raketen, sondern auch die gesellschaftlichen und politischen Debatten, die sie prägten. Wer verstehen will, wie Militärtechnik Geschichte schrieb – und welche Rolle Deutschland dabei spielte –, findet hier eine aufschlussreiche und mitreißende Lektüre.

Ausgewählte Themen des Buches

Bildquelle: Erstellt mit Google Gemini

Von Nordhausen nach Fort Bliss

Das Kapitel beschreibt die Operation Paperclip, mit der die USA nach 1945 deutsche Raketenexperten in die USA holten, um im Kalten Krieg technologische Vorteile zu sichern.

1945 befreiten US-Truppen das KZ Mittelbau-Dora bei Nordhausen, wo unter unmenschlichen Bedingungen V1- und V2-Raketen produziert worden waren. Zehntausende Häftlinge starben.

Die USA brachten über 100 deutsche Experten wie Wernher von Braun und Arthur Rudolph samt Raketen, Dokumenten und Technologie in die USA – teilweise vor der geplanten Übernahme durch die Sowjetunion.

Die deutschen Spezialisten arbeiteten in Fort Bliss (Texas) und später für die NASA. Sie waren entscheidend an Projekten wie der Redstone-, Pershing- und Saturn-V-Rakete (Apollo-Programm) beteiligt.

Viele der Wissenschaftler waren in NS-Kriegsverbrechen verstrickt oder profitierten von Zwangsarbeit. Ihre Vergangenheit wurde von US-Behörden zunächst vertuscht.

Erst in den 1980er Jahren wurden Fälle wie der von Arthur Rudolph aufgearbeitet, der seine US-Staatsbürgerschaft verlor. Die Operation bleibt ein ethisch fragwürdiges, aber technologisch folgenreiches Kapitel der Nachkriegsgeschichte.

Bildquelle: US Army (Public Domain)

Von der Redstone zur Pershing I

Dieses Kapitel erzählt die Entwicklung der Pershing I, einer amerikanischen Mittelstreckenrakete, die als Nachfolger der Redstone-Rakete entstand. Ihre Entstehung ist eng mit dem Kalten Krieg und dem Sputnik-Schock von 1957 verbunden.

Unter Leitung der Army Ballistic Missile Agency (ABMA) und mit Schlüsselfiguren wie Arthur Rudolph begann die Entwicklung. Den Zuschlag erhielt Martin Marietta, mit Spezialisten für Triebwerke und Navigation.

Vision war ein hochmobiles System: Die gesamte Rakete samt Startgerät wurde auf Kettenfahrzeuge montiert, um in Europa Seite an Seite mit Panzerverbänden operieren zu können.

Nach intensiven Tests ab 1960 wurde die Pershing I ab 1962 bei der US-Armee eingeführt. Ab 1964 wurden drei Bataillone in der Bundesrepublik stationiert.

Doch bei ihrer Einführung war die Rakete bereits ein Kind des strategischen Wandels: Die US-Strategie vollzog unter Kennedy einen Wandel hin zu flexibleren Antworten, was die Einsatzrolle der teuren Pershing-I-Verbände von Anfang an in Frage stellte.

Bildquelle: dealerofsalvation, Bunker, Mutlanger Heide, CC BY-SA 3.0

Friedensbewegung der 1980er-Jahre

Die Friedensbewegung der 1980er war eine der größten gesellschaftlichen Mobilisierungen der Bundesrepublik. Ausgelöst durch den NATO-Doppelbeschluss von 1979 wuchs sie zu einer breiten Massenbewegung.

Ihren Ausdruck fand sie im Krefelder Appell von 1980, der von über vier Millionen Menschen unterzeichnet wurde. Auf der Straße zeigten Massenkundgebungen wie die Demonstration mit 300.000 Menschen in Bonn 1981 unüberhörbaren Widerstand.

Die Bewegung entwickelte kreative Protestformen: Straßenblockaden vor Atomwaffenlagern, wie 1982 in Großengstingen, wurden zum Modell. Der Kristallisationspunkt wurde Mutlangen auf der Schwäbischen Alb, der erste geplante Stationierungsort der Pershing II.

Hier fand im September 1983 eine spektakuläre Prominentenblockade mit Teilnehmern wie Günter Grass und Oskar Lafontaine statt. Trotz permanenter Protestaktionen konnte die Bewegung die Nachrüstung politisch nicht verhindern.

Ihr Vermächtnis ist ambivalent: Sie prägte eine Generation, etablierte gewaltfreien Widerstand als Protestform und hinterließ mit Orten wie der Mutlanger Pressehütte bleibende Erinnerungsorte zivilgesellschaftlichen Engagements.

Über den Autor

Max Bold - Autor

Max Bold, Jahrgang 1949, hat in München Politikwissenschaft studiert. Das Thema der Diplom-Arbeit lautete: »Die Mitwirkung der Bundesrepublik an der Militärstrategie der NATO«. Während seiner beruflichen Laufbahn hat er als Journalist bei diversen Verlagen und in diversen Positionen das journalistische Handwerk in all seinen Facetten kennen und schätzen gelernt.